Im folgenden Abschnitt soll die Technik in einem analogen Telefon in ihren wesentlichen Grundzügen erläutert werden. Dabei richtet sich diese Darstellung an Leser ohne besondere Kenntnisse der Elektrotechnik, weshalb mancher Zusammenhang vielleicht besonders ausführlich, anderes hingegen nur vereinfacht dargestellt wird. Ziel soll es sein, die Schaltung eines Apparates wie W28, W48 oder FeTAp 61 zumindest im Großen und Ganzen nachvollziehbar zu machen.
Das Hören und Sprechen
Das einfachste Telefon besteht lediglich aus einem Mikrofon und einem Lautsprecher. Diese Bauteile werden üblicherweise als Sprechkapsel (S) und Hörkapsel (H) bezeichnet. Schaltet man die beiden Kapseln hintereinander, hat man bereits einen funktionstüchtigen Apparat. Idealerweise fügt man noch einen Schalter ein, um das Gespräch beginnen und beenden zu können. Beim Telefon übernimmt die Gabel diese Funktion.
Legt man nun an die beiden Leitungen a und b eine Gleichspannung an, erzeugt die Sprechkapsel beim Hineinsprechen eine Wechselspannung, wodurch in der Hörkapsel die gesprochenen Worte zu verstehen sind. Das Ganze kann man problemlos mit entsprechenden Kapseln sowie einer an a und b angeschlossenen 9-Volt-Batterie ausprobieren: Man hört sich selbst, das ist ja schon mal ein Anfang...
Rückhördämpfung
Im Prinzip funktioniert das Ganze genauso, wenn man zwei derartige aus Hör- und Sprechkapsel bestehende "Apparate" in einem gemeinsamen Gleichstromkreis unterbringt. Dann können zwei Personen sprechen und auch hören, allerdings mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass jeder seine eigene Stimme genauso laut hört wie die des Gesprächspartners. Um dies zu vermeiden, wird zur "Rückhördämpfung" zunächst die Hörkapsel vom eigentlichen Stromkreis getrennt und nur durch einen Übertrager eingebunden.
Die Idee besteht nun darin, die Sprechkapsel mittig in die Spule des Übertragers einzubinden. Dadurch entsteht der Effekt, dass sich die Ströme aus den beiden Hälften der Spule in ihrer Wirkung gegenseitig aufheben:
Der hier nur mit L gekennzeichnete Baustein wird "Leitungsnachbildung" genannt. Um es vorwegzunehmen: Für das Grundverständnis der Schaltung ist dieser Baustein nicht bedeutsam. Er wird nur der Vollständigkeit halber erwähnt, da man ihn vielleicht in dem einen oder anderen Schaltplan wiederfindet. Er besteht in der Regel aus einem Widerstand und einem Kondensator, und in aller Kürze sei gesagt, dass er Effekte ausgleicht, die durch Widerstände und Kapazitäten in der Anschlussleitung entstehen.
Der Wecker
Natürlich soll so ein Apparat auch klingeln. Die Klingel wurde üblicherweise als "Wecker" bezeichnet (und alle erdenklichen Witze, warum ausgerechnet die Post diesen Begriff verwendet hat, dürften bereits gemacht worden sein). Der Wecker wird durch Wechselstrom betrieben und in Reihe mit einem Kondensator zwischen die Anschlussleitungen a und b geschaltet:
Der Kondensator verhindert dabei, dass der Wecker innerhalb des Gleichstromkreises liegt. Der Gleichstrom wird, wie oben beschrieben, nur für das Hören und Sprechen benötigt.
Das Rufsignal kommt von der Vermittlungsstelle in Form eines Wechselstroms. Der Kondensator stellt für den Wechselstrom kein unüberwindbares Hindernis dar. Daraufhin fängt der Wecker an zu klingeln.
Wählen
Eigentlich ist das Telefon in der obigen Schaltung schon fertig.
Befindet sich das Telefon im aufgelegten Zustand, so ist der Stromkreis zur Vermittlungsstelle innerhalb des Telefons durch den Gabelumschalter unterbrochen. Wird der Hörer abgenommen, schließt der Gabelumschalter den Stromkreis. Dies wird von der Technik in der Vermittlungsstelle erkannt, und der Wählton ("Freizeichen") wird zum Apparat geschickt. Der Wählvorgang besteht nun in genau definierten kurzen Unterbrechungen innerhalb dieses Stromkreises (ca. 63 Millisekunden) sowie genau definierten Zeitabständen zwischen diesen Unterbrechungen (ca. 37 Millisekunden). Diese sogenannten Impulse kann die Vermittlungsstelle zählen und die Verbindung zur gewählten Rufnummer herstellen.
Es ist sogar tatsächlich möglich, den eigentlich als "Gabel" eingebauten Schalter zum Wählen zu verwenden. Dazu muss man die oben genannten Zeiten einigermaßen genau treffen, aber mit etwas Übung funktioniert es. Aus diesem Grund hatten viele damalige Münzfernsprecher mechanische Verzögerungen in der Gabel, um dies zu verhindern. In den meisten Münzfernsprechern war die Wahl bestimmter Nummern (zum Beispiel die der Auslandsvorwahl 00) durch einen komplizierten Mechanismus im Nummernschalter gesperrt, und es sollte vermieden werden, dass diese Sperre durch das "Wählen" mit der Gabel umgangen wird.1
Im Mechanismus des Nummernschalters geschieht das Öffnen und Schließen der Leitung durch den Nummernschalter-Impuls-Kontakt (nsi). Da dieser Schalter allerdings ein feinmechanisch recht aufwendiges Teil ist, das beim schnellen Öffnen und Schließen des Stromkreises winzigen überspringenden Funken ausgesetzt ist, sind die Abnutzungserscheinungen am Impulsschalter einigermaßen groß. Zur Verhinderung dieser Funkenbildung kann man einen Kondensator parallel zum Impulsschalter einbauen. Da der bereits vorhandene Wecker-Kondensator beim Wählen nicht benötigt wird, ist man dazu übergegangen, kurzerhand diesen dafür zu verwenden.
Der Impulsschalter (nsi) ist der linke in der Zeichnung dargestellte Schalter. Der Gabelumschalter (rechts) bekommt nun eine Doppelfunktion: wird der Schalter beim Abnehmen des Hörers geschlossen, verbindet er einerseits die Leitung a mit der Sprech- und Hörkapsel, andererseits legt er den Kondensator (in Reihe mit dem Widerstand R) parallel zum Impulsschalter.
Nach diesem Grundprinzip funktionieren viele Wählscheibentelefone. Natürlich handelt es sich um eine vereinfachte Darstellung, es gibt noch Leitungen wie die E (für Vermittlungstasten) oder Anschlüsse wie W2 und G (für Zweitwecker und Gebührenanzeiger), der Nummernschalter hat üblicherweise noch einen weiteren Schalter (nsa), der den Sprechkreis beim Wählen außer Funktion setzt, aber diese sind für das Grundverständnis der eigentlichen Schltung nicht relevant. Genauere Informationen hierzu sind im Abschnitt zum Nummernschalter zu finden.
1 vgl. BÖSTERLING 2008, S. 126